Hinweis: Der Artikel spiegelt den Stand von 2014 wider. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich seitdem nicht allzu viel verändert hat.
Eigentlich hatten wir uns schon im vorvergangenen Jahr entschlossen, nicht mehr über polnische Weihnachtsmärkte zu berichten. Wir dachten, wir hätten dazu alles gesagt. Gut, im letzten Jahr hat dann einer unser Redakteure doch noch einen persönlichen Erlebnisbericht verfasst, ganz bewusst, um ein bisschen das Bild aus den Hochglanzbroschüren geradezurücken, und um endlich mal wieder nach Breslau (Wrocław) zu kommen. Aber in diesem Jahr sollte dann doch Schluss sein, können wir doch eigentlich nichts Neues aus der Weihnachtsmarktszene Polens berichten, außer den Terminen natürlich. Eigentlich.
Nun schreibe ich doch: Obwohl das Hochglanzbroschürenbild korrigiert ist; obwohl unsere Leser schon lange wissen, dass es Weihnachtsmärkte in Polen gibt. Warum also? Weil sich zwei Dinge abzeichnen, die ich beim besten Willen nicht ignorieren kann. Ding eins ist, dass sich offenbar immer mehr Menschen aus Deutschland für die polnischen Weihnachtsmärkte interessieren. Diese These lässt sich unschwer erhärten, wenn wir die Zahl der E-Mails und die Aufrufe der entsprechenden Artikel zu diesem Thema zählen. Wir wurden sogar schon gefragt, wo man die dort erhältlichen Weihnachtsmarktartikel denn in Deutschland kaufen könne, in diesem Fall ging es um Puschen. Aber weit ab von Puschen gibt es noch das Ding zwei: Die Veränderung der Einstellung in Polen zur Adventszeit. Denn eigentlich sind streng katholisch orientierte Menschen in der Adventszeit zu vielem bereit, aber nicht zum Genuss von Glühwein und Paradiesäpfeln. Oder was es sonst noch so an Unterhaltung und Genuss auf Weihnachtsmärkten gibt. Nimmt man den manchmal – aber nicht immer – noch etwas jahrmarkthaftigeren Ansatz der Weihnachtsmärkte in Polen hinzu, muss man sich wundern: Anstatt ordnungsgemäß zu Fasten und erst am Heiligen Abend wieder mit Genuss beherzt auf der Festtafel zuzugreifen, tobt das Amusement. Die Theorie: Der Exportartikel ‘Weihnachtsmarkt’ aus Deutschland hat es nicht nur in viele exotische Länder geschafft, sondern sich auch in Polen einen festen Platz im Jahresplan der Menschen verschafft. Ich sprach mit Menschen in Polen, die noch vor einigen Jahren etwas abfällig auf die ersten zarten Pflänzchen von Weihnachtsmärkten schauten, und nun begeistert, sogar mehrfach, im Advent bei kühler Witterung warme und oft alkoholische Getränke zu sich nehmen. Die Weihnachtsmärkte sind also mehr als nur eine nette neue Einrichtung in Polen: Sie sind ein Indiz für eine Gesellschaft, die sich etwas gönnen möchte. Auch im Advent.
So, und nun fasse ich doch noch einige – längst nicht alle – Weihnachtsmärkte mitsamt Terminen und Höhepunkten zusammen. Das auch deshalb, weil bei einigen Märkten wirklich kreative Ideen umgesetzt wurden und Jahr für Jahr neue Städte mit Märkten hinzukommen.
Nummer 1 bei deutschsprachigen Gästen: Breslau (Wrocław)
Der Breslauer Weihnachtsmarkt ist wohl der, der dem Ideal des gemütlichen adventlichen Marktes mit Fachwerkkulisse am nächsten kommt. Dazu ist Breslau auch für viele gut zu erreichen. So schafft es dieser Markt auch diesmal vermutlich locker auf Platz 1 der Gunst von aus Deutschland stammenden Weihnachtsmarktfreunden. Noch bis zum 22. Dezember gibt es einen Märchenwald und es ist eine große Schneekugel aufgebaut. Jede Menge Leckereien werden zum Futtern feilgeboten, und da ist man in Polen ja bekanntlich besonders bei deftigen Speisen für kalte Tage an der richtigen Adresse. Besondere Termine sind der 13. und der 14. Dezember: Dann wird nämlich eine Eisskulptur errichtet und es findet eine Parade mit der Eiskönigin statt. Am letzten Wochenende vor Weihnachten wird viel gesungen. www.jarmarkbozonarodzeniowy.com
Krippen in Krakau (Kraków)
Der älteste und sicherlich berühmteste polnische Weihnachtsmarkt findet noch bis zum 26. Dezember in Krakau (Kraków) statt. Pünktlich zum Nikolaustag wurde die schönste Weihnachtskrippe gekürt; Krippen gibt es aber allerhand schöne Exemplare zu sehen. Wie in Breslau ist die Location an sich schon eine Attraktion: Der mittelalterliche Rynek, also der Markt mit den Tuchhallen bietet eine einzigartige Kulisse für gut 50 Stände. Es wird viel gesungen, gegessen und zum Verkauf angeboten. www.krakow.travel
Deutsch-Polnisches in Görlitz
Wer schon einmal in Görlitz war, kann es sich bildhaft vorstellen: Hier muss ein Weihnachtsmarkt wirken, wie ein Weihnachtsmarkt wirken muss. Und so ist es auch: Klein, aber fein. Und er ist auch auf Gäste aus Polen ausgerichtet. Somit zwar hier nicht ganz richtig einsortiert, weil er auf der deutschen Seite stattfindet. Aber so genau nehme ich es einmal nicht. Der Markt nennt sich auch Schlesischer Christkindelmarkt – und leugnet auch bei den Ständen die Nähe keinesweges, im Gegenteil. www.schlesischer-christkindelmarkt-goerlitz.de
Maritime Weihnachten in Danzig (Gdańsk)
Noch bis zum Tag vor Heiligabend kann man in der Hafenstadt Gdańsk (Danzig) entlang der herrschaftlichen Hanse-Häuser flanieren und dabei die weihnachtliche Stimmung genießen. Der eigentliche Markt befindet sich auf dem Kohlenmarkt, dem Targ Węglowy. An den Ständen gibt es Leckeres zu Essen, warme Speisen und Getränke und verschiedenstes Kunsthandwerk. www.gdansk4u.pl
Hauptstadt mit zwei Weihnachtsmärkten
Warschau (Warszawa) lässt sich auch in diesem Jahr nicht lumpen und präsentiert erneut gleich zwei Weihnachtsmärkte. Der Markt auf dem umlaufenden Stadtwall und dem Barbakan dauert sogar bis zum 6. Januar 2015 und besitzt sehr viele Stände. Darunter sind solche mit Kunsthandwerk, aber auch das kulinarische Angebot ist breit. Musik, Aufführungen und Kinderprogramm runden den Markt ab. www.barbakanrzemioslemzdobiony.pl
Der zweite Weihnachtsmarkt der Hauptstadt gibt sich internationaler. Bis zum 22. Dezember 2014 werden nahe der Warschauer Zitadelle Stände mit Artikeln aus Belarus, Israel, Kroatien, Litauen und natürlich Polen angeboten. Rundherum ist die Stadt weihnachtlich geschmückt, die Einkaufszentren bieten ebenfalls weihnachtliche Märkte. www.jarmarkbozonarodzeniowy.org
Altstadtflair und Geheimtipp in Toruń
Wenn Toruń (Thorn) nicht so weit weg wäre: Wir würden glatt viel öfter hinfahren. Aber nun gibt es wirklich einen Anlass. Das ist der Weihnachtsmarkt, der bis zum 23. Dezember geöffnet ist – und Achtung: erst am 12. Dezember eröffnet wird. Die Kulisse der hanseatischen Altstadt ist ja auch ohne Weihnachtsstimmung schon ein Traum. Ganz sicher wird der Lebkuchen, der in der Stadt ganzjährig präsent ist, nun noch mehr im Mittelpunkt stehen. Hundert Stände sind angekündigt, natürlich auch mit vielen Produkten des Handwerks. Standort ist der Rynek Staromiejski, der Altstädtische Markt. www.torun.pl
Auch weiter östlich wird es weihnachtlich: Białystok
Ein kleiner, aber feiner Weihnachtsmarkt hat ab dem 13. Dezember bis zum 23. Dezember geöffnet. Belarussische, litauische, ostpolnische und tatarische Spezialitäten sind im Angebot. Rund um das historische Rathaus am Marktplatz finden sich die Stände. www.jarmark-bialystok.pl
Ein Weihnachtsmarkt als Ausflugsanlass
Es mag Zufall sein, dass die Weihnachtsmärkte außerhalb der großen Städte und der Grenzregion noch für kürzere Zeiträume stattfinden, und nicht alle vier Adventswochenenden umfassen. Vielleicht ziert sich hier die katholische Tradition noch etwas gegenüber der Neuerung ‘Weihnachtsmarkt’, wer weiß. Festzuhalten ist: Immer mehr Städte bieten – wenn auch manchmal nur kürzere – Weihnachtsmärkte an. Auch in Stettin (Szczecin) gab es einen kurzen Weihnachtsmarkt am Schloss, in Schlesien findet man zahlreiche davon und in den Einkaufszentren der größeren Städte (zum Beispiel in der Manufaktura in Łódź) sowieso. Selbst kleinere Orte halten manchmal Märkte ab, die zuweilen allerdings eher an Flohmärkte oder Jahrmärkte erinnern. Andererseits gibt es auch sehr nette, an alten handwerklichen Traditionen ausgerichtete Adventsmärkte mit viel Handwerk. So oder so: Einen Ausflugsanlass kann so ein Weihnachtsmarkt allemal bieten, so wie bei unserem Redakteur Konstantin im letzten Jahr.
Einen Dank richte ich an das Polnische Fremdenverkehrsamt, das eine Übersicht über Weihnachtsmärkte vorbereitet hat. Übrigens auch ein Zeichen für die touristische Relevanz dieser in Polen noch recht jungen Einrichtung.