Hektisch sprintet der ausländische Gast durch den Bahntunnel auf dem Bahnhof in Polen in Richtung des Bahnsteigs, hastet die Stufen hoch – sieht aber keinen Zug, in den er einsteigen könnte. Er schaut sich verwirrt um, entdeckt den Zug mit der richtigen Kennzeichnung auf einem Bahnsteig und rennt mitsamt Koffern erneut los… Keine so ganz seltene Szene, wie ich bei einigen geplant und ungeplant längeren Aufenthalten an größeren polnischen Bahnhöfen erleben konnte. Und woran liegt es? An den kleinen Unterschieden im Bahnverkehr in Polen im Vergleich zu Deutschland. Grund für uns, ein paar Zeilen dazu zu schreiben. Und diese Zeilen können selbstverständlich gern mit Ergänzungen per Kommentaren versehen werden. Vielleicht lässt sich damit der eine oder andere Stressfaktor für ungeübte Bahnreisende beim Bahnfahren in Polen reduzieren.
Bahnsteige sind Bahnsteige
Fangen wir einmal damit an, was Auslöser für die oben beschriebene kleine Hast und Hektik auf dem Bahnhof war: In Polen sind die Bahnsteige anders nummeriert. Während man in Deutschland – eigentlich fälschlich, denn wer würde als Passagier schon auf die Schienen steigen – vom Gleis redet, an dem ein Zug ein- oder ausfährt, so sind es in Polen Bahnsteige (‘peron’). Und das ist nicht nur ein anderes Wort, sondern dieses hat auch eine andere Bedeutung: Ein Bahnsteig hat zwei Gleise (‘tor’). Was das ändert? Eine ganze Menge: Zum einen ist die Nummerierung dadurch anders, zum anderen muss man auf dem Fahrplan ganz genau hinschauen, ob dort nun Peron oder Tor angeben ist. Denn jeder ‘peron’ hat zwei ‘tor’ und diese sind aufsteigend nummeriert. Dazu gibt es noch Sektoren, die wiederum Abschnitte auf dem ‘tor’ kennzeichnen. Das ist wichtig, wenn ein Zug etwa nur auf dem vorderen oder hinteren Abschnitt (‘sektor’) steht. Klingt kompliziert, ist aber bei Kenntnis und nach einmaligem Benutzen im Grunde logisch.
Rauchen verboten
In Deutschland auch verbreitet, in Polen schon länger: Auf den Bahnsteigen ist das Rauchen verboten; es gibt in der Regel auch keine Raucherbereiche. Auch wenn sich nicht immer alle daran halten: Es wird kontrolliert, Raucher sollten sich hier beherrschen.
Beliebt ist in polnischen ICs nach wie vor das Rauchen auf der Zugtoilette. Das ist zwar mindestens genau so verboten wie das Rauchen auf dem Bahnsteig, wird aber offenbar seltener entdeckt. Wir empfehlen: Bleiben lassen.
PKP und PR
Die Abkürzungen, die für deutsche Ohren ein wenig wie Terrorgruppierungen fremder Staaten klingen, sind die polnischen Bahngesellschaften. Natürlich nicht alle, sondern nur die Obergruppierungen. Es gibt sozusagen die ‘Bundesbahn’ (PKP) und die ‘Regionalbahn’ (PR). Außerdem noch eine ganze Reihe von privaten Bahnen. Schade daran ist, dass man vielfach keine übergreifenden Tickets kaufen kann. Wenn man also nicht mehr nur auf den großen Strecken in Polen zwischen den großen Städten unterwegs ist und man auf die Regionalbahn angewiesen ist, sollte man sich vorher über den Fahrkartenkauf informieren. Nicht immer kann man die gesamte Verbindung in einem Ticket kaufen.
Ticketkauf
Übrigens lassen sich Verbindungen aus Deutschland und nach Deutschland immer problemlos über die Deutsche Bahn (DB) und deren Onlineauftritt, deren Automaten oder deren Schalter kaufen – wenn auch nicht immer ganz logisch. So sind in einigen Zügen bei der Buchung aus Deutschland Reservierungen freiwillig. Bucht man dagegen den gleichen Zug aus Polen zurück, sind Reservierungen verpflichtend. Mehr Unlogisches gefällig? Die Reservierungsvorlaufzeit ist unterschiedlich: So kann man in Polen nicht für einen so langen Zeitraum im Voraus reservieren wie in Deutschland. Schielt man also etwa auf ein rabattiertes Europa Spezial-Tarif-Ticket, so kann man manchmal noch nicht reservieren, wenn die Tickets schon gekauft werden. Warten ist aber auch keine gute Idee, da diese Tickets kontingentiert sind und bei hoher Nachfrage teurer werden. Lösung: Meistens keine.
Generell ist der Ticketkauf aus Deutschland etwas teurer, weshalb sich bei längeren innerpolnischen Fahrten ein Kauf über das Onlineportal der polnischen Bahn (entweder PR oder PKP oder eine andere Gesellschaft, je nach Route) empfiehlt. Das geht per Internet auch aus Deutschland. Wenn man vor Ort ist, stehen natürlich auch Schalter und manchmal Automaten zur Verfügung.
Gepäcktransport
In manchen Straßenbahnen in Polen kostet ein größerer Koffer ein eigenes Ticket (hier allerdings rabattiert). Das ist in den Zügen zum Glück nicht so. Übrigens auch nicht in Krakau in den Trams, obwohl sich das Gerücht hartnäckig hält. In den ICs (Intercity), die die großen Strecken bedienen, gibt es auch immer ausreichend Gepäckstauraum; in den Regionalzügen wird es manchmal eng. Aber das ist nicht anders als in Deutschland. Denn irgendwie gehen die Bahngesellschaften davon aus, dass man im Regionalverkehr kein Gepäck dabei hat.
Fahrradtransport
Mit dem Fahrradtransport in den Zügen in Polen ist es für Radfahrer, die nicht als Gruppe unterwegs sind, meistens einfach: Selbst ICs verfügen oft über ein Fahrradabteil, was auch schon bei der Zugbuchung gekennzeichnet ist. In den Regionalzügen kommt es darauf an, wie voll die Züge sind: Damit ist der Fahrradtransport nicht immer gut planbar. Allerdings: Bei uns hat es mit zwei Personen noch immer geklappt. Größere Gruppen haben mehr Probleme: Hier hilft manchmal selbst das vorherige Erkundigen und Buchen nicht, weil es zu wenig Fahrradstellplätze in vielen Zügen gibt und man auf den guten Willen der Schaffner angewiesen ist.
Essen und Trinken
Mit der Verpflegung an Bord ist es ganz einfach: In den Regionalzügen gibt es in der Regel nichts zu kaufen. In den Intercity-Zügen gibt es sowohl ein Zugrestaurant sowie auch einen Service am Platz. Am Platz gibt es belegte Brötchen, Süßigkeiten, Getränke und Kaffee sowie Tee, im Zugrestaurant (WARS) auch warme Speisen. Die kann man sich auch an den Sitzplatz bringen lassen. Die Preise sind höher als auf der Straße, aber deutlich niedriger als in deutschen Bord-Bistros in Zügen.
Internetzugang
In polnischen Zügen kann man natürlich immer mit einer UMTS-Karte oder einem entsprechenden Smartphone online gehen. Ein WLAN-Hotspot wie etwa in den ICEs der Deutschen Bahn ist auf einigen Linien mit schnelleren Zügen und auch sogar manchmal im Regionalverkehr mit neueren Zügen vorhanden. In den größeren Bahnhöfen findet sich meist ein Café mit freiem Hotspot, aber wirklich nur in den größeren.
Aufzüge und Rolltreppen
Schade: Mit der Barrierefreiheit ist es auf vielen – besonders kleineren – Bahnhöfen noch nicht weit her. Aber auch auf größeren Bahnhöfen gibt es maximal einen Aufzug, so dass man häufig die Koffer Treppen hoch und herunter schleppen muss. Das sollte man bereits beim Packen berücksichtigen. Allerdings kann für die Zukunft Entlastung angekündigt werden: Viele der neu sanierten Bahnhöfe sind desbezüglich schon deutlich komfortabler.
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