Categories: Gesellschaft

Lokale Bedenken gegen den Ausbau der Oder

Die Sache ist nicht ganz frisch, denn schon 2015 entstand durch ein “Wasserstraßen-Abkommen” über die gemeinsame Verbesserung der Situation in dem deutsch-polnischen Grenzgebiet – seinerzeit unterzeichnet vom Bundesverkehrsminister und vom polnischen Umweltminister – die Absichtserklärung eines Oderausbau. Der soll nämlich gewährleisten, dass künftig die Hochwasserabflussverhältnisse optimiert und stabile Fahrwasserverhältnisse insbesondere für den Einsatz der deutsch-polnischen Eisbrecherflotte sichergestellt werden.

Umgesetzt sind sie (bisher) noch nicht.

Eine bessere Fahrbarkeit für Fracht- und Lastschiffe, die beispielsweise den Industriestandort Schwedt/Oder mit seiner Papier- und Mineralölverarbeitung aufwerten soll, kann mit dem geplanten Ausbau einhergehen. Ein nicht zu vernachlässigendes Argument, in einer ansonsten wirtschaftlich schwach und im Schatten der Metropole Szczecin (Stettin) dastehenden Gegend.

Einheimische sehen den Naturschutz im Vordergrund

Aus Orten beidseits der Oder im Bereich der Uckermark und Westpommern sind Menschen aber auch in Sorge, sie argumentieren nun in einer im Frühjahr 2021 gestarteten Petition u.a. mit den Argumenten: “Hinter dem Feigenblatt Hochwasserschutz stecken vor allem wirtschaftliche Interessen. Die deutsche Seite möchte, dass die „Klützer Querfahrt“ ausgebaut wird, damit große Schiffe von Szczecin aus Schwedt und die Papierfabrik LEIPA erreichen können. Diese liegt aber auf polnischem Gebiet und Polen ist nur bereit für diesen Ausbau, wenn die Oder für große Binnenschiffe ausgebaut wird.” (…) Und: “Ein Ausbau durch eine Vertiefung der Oder würde zu einer allgemeinen Senkung des Grundwasserspiegels und somit zunehmend zur Austrocknung der Auen führen. Arten und Lebensräume, die auf die Auen angewiesen sind, wären dadurch gefährdet.”

Die Oder: Lebens- und Schutzraum für viele Tier- und Vogelarten. Foto: asc.

Die beiden Initiatorinnen Katrin Dobbrick aus Stolzenhagen-Lunow und Elizabeth Pankhurst, Hohenwutzen haben sich an die Medien gewandt, sie wollen um Unterstützung werben. Betonen jedoch auch gleichzeitig, mit Hilfe der Petition mit Befürwortern und Kritikern der Pläne in den offenen Dialog treten zu wollen.

Eine gute Idee, wie auch die Polen.pl Redaktion meint, denn in hoffentlich sachlichen Gesprächen und vielleicht einer neuen Begutachtung der Ausbaupläne, könnte die Angemessenheit liegen.

Die Petition in deutscher Sprache:

https://www.change.org/p/ministerpr%C3%A4sident-des-landes-brandenburg-dietmar-woidke-minister-f%C3%BCr-landwirtschaft-umwelt-und-klim-stoppt-die-pl%C3%A4ne-des-ausbaus-der-oder

 

In polnischer Sprache:

https://www.eko-unia.org.pl/petycje/p_4

Erklärvideo der Initiatoren zu ihren Bedenken (aus datenschutzrechtlichen Gründen auf dem Portal von VIMEO)

Externer Link:

https://vimeo.com/506582946?1&ref=fb-share&fbclid=IwAR2fNdQmTcg19tOqPUcheM9LzfRQUrQfSacctdB-y5M47hEzSC1Bvv_D-4s

Andreas Schwarze

Andreas stammt gebürtig aus Berlin-Pankow und lebt seit seiner Kindheit im Amtsbereich Gartz (Oder) - unmittelbar an der deutsch-polnischen Staatsgrenze. Er ist lange Zeit verantwortlicher Redakteur der Lokalausgabe Uckermark einer Wochenzeitung gewesen. Betreibt einen regionalen News-Blog, ist Fotoartist und kennt Szczecin und das polnische Umland wie seine Hosentasche. Seine Tochter Patrycja wächst zweisprachig auf. (E-Mail: andreas@polen.pl)

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  • Wer sich einmal ernsthaft und intensiv mit dem Thema befaßt hat, dem ist klar, daß da wieder einmal heißer gekocht wird als gegessen. Im Moment geht es im Grenzbereich nur um die Instandsetzung von ehem. Hochwasserschutzanlagen wie Deiche und alten Buhnen. Im Bereich des Nationalparks ist nichts geplant außer der Anschluß des Schwedter Hafens. Bei diesem ist man beim Bau übrigens allen Forderungen von Grünen nachgekommen, sodaß die, Kosten von 15 Mio Euro auf 30 Mio Euro stiegen. Bedingung war damals die Zustimmung zum Ausbau der Wasserwege. Jetzt will man auf der Ökoseite nichts mehr davon wissen. Die Auswirkungen dieser geplanten Arbeiten tendieren im Bereich des Nationalparks gegen Null. Kontraproduktiv er sind da schon eher die Totalreservate, riesige Bitumenwege auf den Deiche, Geldverschwendung durch den Anbau von Schwarzpappeln, die dann vom Biber gefressen wurden, Schutzareale mit Stauwerken für den Seggenrihrsenger, den es inzwischen im Idertal auch nicht mehr gibt, weil seine Wanderungsgebiete in Afrika zerstört wurden. Die Masse an Fehlern, die im Nationalpark kontraproduktiv wirken und die Tierpopulation und Vielfalt nachweislich sinken lassen haben, wiegen ungleich schwerer. Viel Geschrei um nichts und vermutlich auch ohne Substanz.

  • Ich kann Dirks Kommentar nicht zustimmen. An dem tendenziell immer niedrigerem und stärker schwankendem Wasserstand könnten mittel- bis langfristig auch Ausbaumaßnahmen nichts ändern. Sie würden aber den Artenreichtum und den Grundwasserhaushalt zerstören. Um wieviele Schiffe täglich geht es eigentlich?

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