Wie ein Saft aus Polen nach Deutschland kam

„No-Name-Preise, haben sie bei den Händlern in Deutschland gesagt, No-Name-Preise. Und die Hersteller aus Polen gehen natürlich von Premiumpreisen aus.“ David Yilmaz blickt auf 2011 zurück, als er begann, die polnischen Tymbark-Säfte in Deutschland zu vertreiben. Aus seiner Stimme spricht aber auch etwas Stolz, dass sein Vorhaben gelungen ist: „Am Ende konnten wir doch viele mit der Qualität überzeugen.“ David Yilmaz hat türkische Wurzeln, ist mit einer Polin verheiratet und hat einen ungewöhnlichen Berufsweg eingeschlagen: Er vertreibt Produkte aus Polen in Deutschland. Zum Beispiel Zigarettenhülsen aus polnischer Produktion, einen Energy-Drink aus Warschau und eben die in Polen omnipräsenten Tymbark-Fruchtsäfte. Mit ihm sprach ich über Saft, polnische Marken und doch sehr unterschiedliche wirtschaftliche Sichten in einer Branche. Doch wie kam es dazu?

Ein Lastwagen vor einem Spätkauf

Als ich einmal so durch Berlin schlenderte, fiel mir ein kleiner Lastwagen auf, der mit Reklame für die Saftmarke aus Polen beklebt war. Eine Marke, die man mit Glück in Deutschland sonst in direktimportierenden ‚Polski Skleps‘ oder in polnischen Online-Shops bekommt, aber nicht im Supermarkt um die Ecke. Neugierig, auch weil mir die Säfte schmecken, rief ich die Internetseite auf. Ich las die Ankündigung, dass hier wohl bald eine Informationsseite auf Deutsch für diese Fruchtsäfte zu finden sein würde. Das sah ganz nach einem grenzübergreifenden Markentransfer aus. Ein tolles Anschauungsobjekt für solche Vorhaben, dachte ich mir. Also nahm ich Kontakt auf.

Erst saftige Äpfel, später leckerer Tymbark-Saft, Foto: Robert Young/flickr.

Es meldete sich David Yilmaz. Der Mann, der hinter dem Tymbark-Import nach Deutschland im großen Stil steckt. Von ihm wollte ich mehr erfahren, wie sich dieses mutige Ansinnen ergeben hatte. Nicht ganz verwunderlich für deutsch-polnische Begegnungen war, dass ich erfuhr, dass Yilmaz mit einer Polin verheiratet ist. Und, dass er  deswegen öfter nach Polen fuhr. Tymbark-Säfte aus den polnischen Supermärkten – die Marke ist eine der führenden Marken in Polen – schmeckten ihm. Und so begann er, nach zwei Projekten mit anderen Produkten, den Import nach Deutschland aufzuziehen. Begann, Großhändler zu suchen und einen ‚Pilothandel‘ zu etablieren.

Ein Produkt und zwei Sichtweisen

Auch in groß: Tymbark auf einem LKW, Foto: (JH).

Und an der Stelle begannen, so schildert Yilmaz anschaulich, die Probleme: Der polnische Hersteller ist ein Konzern mit einem unglaublich hohen Marktanteil in Polen und Osteuropa. Im Konzert ging man davon aus, dass ein aufwändig produzierter Fruchtsaft mit Premium-Anspruch in einem wohlhabenden Land wie Deutschland doch hohe Preise erzielen müsste. Die Händler in Deutschland wollten sich ohne Zahlung von Listungsgebühren natürlich gar nicht mit einem neuen Lieferanten auseinandersetzen; schon gar nicht einen, den sie gar nicht kannten. Der für sie ein ‚No-Name‘ war und damit in der untersten Preisliga anzusiedeln war. Und dann noch aus Polen. Yilmaz bohrte weiter, versorgte Händler mit Gratisproben und gewann mit der BerTo GmbH einen Großhändler aus dem Raum Berlin für den Vertrieb der Saftpäckchen. Man plante bescheiden: 30 Paletten im Quartal wollte man absetzen. Das gelang: Spätkauf-Läden in Berlin, Bäckereien und kleinere Geschäfte nahmen Apfelsaft und Co. ins Regal und fanden Käufer, auch viele Wiederkäufer. Auch, weil Yilmaz die Etiketten auf Deutsch übersetzt hatte und nur von der Abfüllung in Polen schrieb; dafür stand das Versprechen von ‚100% Fruchtsaft‘ groß auf den Packungen. Anderthalb Jahre später lieferte seine Firma schon 50 Paletten pro Monat, das sind etwa 60.000 Saftpäckchen, an mittlerweile 17 Großhändler im Raum Berlin. Und die sind mit den Verkäufen zufrieden. Schon drei von den kleinen Lastwagen fahren nun bereits mit Tymbark-Werbung durch den Berliner Großraum. Und die Internetseite soll ab Oktober eröffnet werden und mehr als eine Preisliste bereithalten.

Lieferwagen mit Tymbark-Reklame, Foto: (JH)

Der Pendler zwischen Polen und Berlin macht viel selbst: Etwa das Übersetzen der Etiketten. Oder die Klärung, welche Produkte etwa von Tymbark mit dem Pfandsystem in Deutschland kompatibel sind. Und auch die Überzeugungsarbeit der Großhändler, die immer erst einmal skeptisch sind. Die sich aber eines anderen belehren lassen, wenn sie feststellen, dass sich die Produkte durchaus problemlos auch für höhere Preise von 1,20 bis 1,40 Euro pro Saftpackung verkaufen. Und zwar gut.

Eine Erfolgsgeschichte? Nein, so weit wollen die BerTo GmbH und Yilmaz noch nicht gehen. Es sei immer noch schwierig, auch, weil polnische Unternehmen selten bereit sein, nennenswerte Marketingausgaben in Deutschland zu tätigen. Aber, so der Importexperte, das müsse man nun in Deutschland mal. Stolz ist er darüber, dass demnächst im Rahmen eines Kinofilmstarts, eines Kinderfilms, eine ganze Menge Tymbark-Werbung zu sehen sein soll. Auch einen Großhändler in Dortmund beliefert Tymbark in Deutschland nun, und weitere Händler – besonders im Süden von Deutschland – werden wohl hinzukommen. Ein Vorteil sei, dass Tymbark ein bisschen englisch klänge: Das sorge für mehr Akzeptanz.

Weitere Informationen: http://my-tymbark.de/