Ich (Polen.pl Autor Bogumil Palka) hätte einiges zu berichten. Das Treffen mit Klaudia Jachira in Darmstadt beispielsweise – einer der schillerndsten Persönlichkeiten des polnischen Parlamentarismus, die ich tatsächlich auf einer Theaterbühne interviewen durfte. Oder die Europawahlen, bei denen ich den tollen polnischen Wahlausschuss in Wiesbaden unterstützt habe. Oder aber die Begegnung mit dem ukrainischen Gelb-Blauen Kreuz im polnischen Generalkonsulat in Köln anlässlich der Feier zur 20-jährigen Mitgliedschaft Polens in der EU (u.a.), die für mich zum unverhofften Abschied von der großartigen Konsulin Anita Mikołajczak wurde.
Oder von dem Grillfest des Kulturvereins Salonik ebenfalls in Darmstadt, das abermals von Hunderten von Deutschpolen (und nicht nur) aufgesucht wurde.
Aber nein. Mir liegen seit Kurzem zwei andere Sachen auf der Leber. Und Leute, die müssen raus. Echt jetzt.
Polnische Namen! Mal wieder!
Die Europameisterschaft in Fußball findet statt. Es hat ein wenig gedauert, bis es die Leute hierzulande gemerkt haben, aber seit dem furiosen Auftaktsieg der deutschen Nationalelf gegen die Schotten und einem nicht minder gelungenen Auftritt gegen die Ungarn, ist Deutschland im Fußballsommermärchen angekommen. Zumindest solange, bis die eigene Mannschaft im Turnier bleibt. Also bis… Wann ist nochmal das Finale in Berlin?
Aber wie zu jeder EM, WM oder sonstigem sportlichen Anlass, an dem auch polnische Teilnehmer beteiligt sind, haben die deutschen Kommentatoren es schwer deren Namen richtig auszusprechen. Traditionell schaffen sie es zwar Nachnamen wie Csoboth, Szalai oder Gulácsi von der ungarischen Nationalmannschaft vorbildlich zu artikulieren, versagen aber schon bei Zalewski oder Zieliński. Von dem Nachnamen des polnischen Trainers Probierz (für die RTL-Kommentatoren so was wie „Probirtsch“) ganz zu schweigen. Ein kleiner Hinweis für alle (nur für den Fall, dass es nötig ist): das Z im Polnischen wird wie im Englischen ausgesprochen. RZ hingegen wie das zweite G in dem Wort Garage. Ń dagegen ähnelt nicht nur dem spanischen Ñ, sondern wird just so wiedergegeben.
All das erfordert eine Dreiminutenrecherche via Google. Höchstens. Ganz abgesehen davon, stellt die UEFA den Kommentatoren Hinweise zur Verfügung, wie die Namen der jeweiligen Spieler phonetisch ausgesprochen werden. Und das seit Jahren schon. Richtig witzig wird es aber, wenn die deutschen Medien sich darüber aufregen, wie andere die Namen deutscher Vertreter aussprechen… und gleichzeitig die polnischen Namen falsch wiedergeben. Wie in diesem Beitrag, zum Beispiel. Hand hoch wer weiß, woran dies liegt. Mir persönlich fällt langsam nichts mehr dazu ein. Jedenfalls nichts gescheites.
Ach ja. Die Polen seien übrigens die „Rot-Weißen“. Mal wieder. Schade.
Lost in Translation
Wo wir schon beim Thema sind. Der Schauspieler Jesse Eisenberg hat´s drauf. Das weiß jeder, der schon mal Zombieland gesehen hat. Zumindest den ersten Teil (den zweiten können Sie sich sparen). Letzten Sommer war er in Polen unterwegs und drehte einen kurzweiligen und doch überraschend tiefgründigen Film über seine Vorfahren, die aus Lublin und Krasnystaw stammen. Denn die Großeltern von Jesse (er wirkt so cool, dass ich ihn duzen möchte) waren polnische Juden. Die Betonung für ihn liegt dabei auf polnisch. In der Tat bemüht er sich seither um die polnische Staatsbürgerschaft und macht keinen Hehl daraus. Im Vorspann zum polnischen Trailer seines Streifens bezeichnet er diesen als eine Liebeserklärung an Polen. In der deutschen Version tut er es natürlich nicht. Diese Info kann man dem deutschen Zuschauer ersparen. Was man ihm allerdings nicht ersparen sollte, wäre die Übersetzung des Wortes „cheap“, welches im polnischen Trailer bei Min. 0:45 fällt und in der deutschen, kürzeren Version bei 0:25. Um den Kontext zu verstehen, sollte man allerdings die gesamte Szene anschauen. Die Hauptprotagonisten (Eisenberg und Kieran Culkin, der neulich für seine Rolle in der Serie Succession einen Preis erhielt) laufen darin durch einen polnischen Zug und unterhalten sich darüber, wie sie dem Schaffner aus dem Weg gehen können. Sie haben nämlich keine Fahrkarten gekauft. Eisenberg findet es gar nicht gut, zumal diese gerade mal ca. 12 Dollar gekostet hätten. Sein Begleiter erwidert darauf, dass die beiden in Polen keine Tickets zahlen sollten, weil das doch ihr Land (ihre Heimat) sei. Eisenberg antwortet: „No it´s not. It was our country. They kicked us out, they thought we were cheap.“ (Nein, ist sie nicht. Es war unsere Heimat. Sie haben uns rausgeschmissen, weil sie dachten, wir wären…). Und nun kommt´s. In der polnischen Version wird die Bezeichnung „cheap“ mit „geizig“ übersetzt. In der deutschen mit… „minderwertig“. Auf Polnisch bleibt die Szene also lustig. Auf Deutsch wird den Polen unterstellt, sie hätten die Juden für minderwertig gehalten. Die Komödie wird hier plötzlich richtig ernst.
Aber sollte sie das?
Ich will Ihnen nicht sagen, welche Übersetzung die richtige ist. Aber machen Sie sich doch mal die Freude und schauen Sie bitte selbst nach, welche Bedeutung das Wort „cheap“ im Amerikanischen (!) hat. Vom ganz offensichtlichen Kontext der Szene ganz abgesehen.
Tja. Sie sind am Ende dieses Beitrags angelangt. Ich meine, sind Sie doch, oder? Ich muss gestehen, ich habe ein wenig schlechtes Gewissen, denn mir ist durchaus bewusst, dass dieser Artikel keine gute Figur neben den sachlichen Beiträgen von Andreas abgeben wird. Aber das deutsch-polnische Gefüge besteht eben nicht nur aus Wirtschaft und Pflege.
Und das ist angesichts der von mir angerissenen Sachen, fast schon zu schade!