Pflegefachkräfte aus Polen nach Deutschland zu holen wird zunehmend schwerer

Carmen Ristow, Inhaberin des CARI Pflegedienstes, ist stolz auf die zukünftige "Schwester Kasia". Foto: Andreas Schwarze (asc) Carmen Ristow, Inhaberin des CARI Pflegedienstes, ist stolz auf die zukünftige "Schwester Kasia". Foto: Andreas Schwarze (asc)

Dieser Beitrag führt uns in das kleine Städchen Gartz an der Oder. Ganz im Norden von Brandenburg, im Flächenlandkreis Uckermark. Also irgendwie in der Pampa, aber andererseits auch nicht. Denn nur knapp eine halbe Autostunde liegt die glanzvolle Hafenmetropole Szczecin (Stettin) entfernt. Über eine halbe Millionen Einwohner zählt die stetig wachsende Großstadt. Noch näher gelegen ist Gryfino (Greifenhagen), eine Kreisstadt die insbesondere durch ihr imposantes Kohlekraftwerk „Dolna Odra“ bekannt ist. Dorthin kommt man von Gartz aus mit dem Fahrrad in nur gut 20 bzw. mit dem Auto 10 Minuten. Knapp 22.000 Einwohner sind dort heimisch.

Ideale Voraussetzungen für polnische Arbeitskräfte auf der anderen Seite der Oder ihre Lebensexistenz aufzubauen, zur Arbeit zu pendeln oder auch mit einem deutschen Partner eine Zukunft aufzubauen.

Und es funktioniert recht gut, nur nicht mehr im Bereich von Pflegefachkräften. Zu dieser Einschätzung kommt jedenfalls Carmen Ristow. Die 62-jährige und examinierte Krankenschwester kam 2007 – der Liebe wegen, wie sie sagt – aus Nordrhein-Westfalen (NRW) in die Uckermark und machte sich mit der Firma „CARI Heil- und Seniorenpflege“ selbstständig. Die Überalterung in der Uckermark, die Landflucht junger Menschen auf Grund von Perspektivlosigkeit im Osten ließen den Kundenstamm der zu Hause zu Pflegenden rasch anwachsen. Mittlerweile betreuen sie und ihre acht Mitarbeiterinnen rund 50 Klienten (Patienten), im Einzugsgebiet von Schwedt/Oder, dem Amtsbereich Gartz (Oder) und manchmal auch der angrenzenden Stadt Penkun in Mecklenburg-Vorpommern.

Ohne Personal aus dem Ausland – insbesondere Polen – geht es nicht mehr

Pflege- aber auch Hauswirtschaftspersonal in der BRD zu finden ist bekanntlich so gut wie aussichtslos, doch auch aus Polen wollen immer weniger Fachkräfte nach Deutschland.

Das Statistische Bundesamt kennt Zahlen

Polen sind inzwischen mit 80.000 Pflegekräften im Jahr 2023 (2013 waren es noch 76.000 Personen mit polnischen Wurzeln, davon waren 93 Prozent Frauen) in der BRD präsent. Doch dieser Trend dürfte – nicht zuletzt auf Grund der rasch wachsenden Wirtschaft, steigenden Mindestlöhnen, Zuschüssen für Familien und somit einer einhergehenden besseren Lebensqualität in Polen selbst – künftig stagnieren.

Für Carmen Ristow entwickelt sich dieser Trend zunehmend zum Problem. Genau aus diesem Grund versucht sie händeringend, sogar mit Hilfe von Jobhuntern und Zeitungsannoncen und Flugblättern polnisches Personal und bat, mit diesem Beitrag, auch Polen.pl auf ihre schwierige Situation aufmerksam zu machen.

Wie eine studierte Bauingenieurin aus Szczecin ihren Berufsweg in die Pflege meistert

Neben ihren im Pflegedienst CARI arbeitenden zwei polnischen Hauswirtschaftshelferinnen – beiden pendeln tagtäglich aus Gryfino nach Gartz – ist Ristow besonders stolz auf Katarzyna Zawilinska-Lipan. Die 39-jährige, ursprünglich aus Szczecin, studierte einst Bauwissenschaften und ist vereidigte Bauingenieurin. So richtig machte ihr die Arbeit nach dem Studium aber keinen Spaß. Sie jobbte viele Jahre als „Schrauberin“ in einer kleinen Autowerk bei Szczecin. Bis sie, wie sie Polen.pl Redakteur Andreas Schwarze im persönlichen Gespräch erzählt, von einem Arbeitsangebot als Hauswirtschafterin bei der Fa. CARI im Bekanntenkreis erfuhr. Da sie schon 2012 mit Ehemann Piotr, auf Grund der stark gestiegenen Wohnungspreise in Polen, wie sie sagt, ihren Wohnsitz in ein kleines Dorf im Amtsbereich Gartz verlegte, so kam ihr der Job gelegen. 2019 trat sie ihre Arbeit bei CARI an, sie lernte „mit den Klienten zusammen und ihrer Chefin Carmen“ step-by-step die deutsche Sprache. Das klappte so gut, dass Carmen Ristow – welche auch die Berechtigung als Ausbilderin in der Pflege inne hat – im Jahr 2022 dazu motivierte eine Ausbildung als Pflegehelferin und anschließend zur Pflegefachkraft zu machen. Die nötige Theorie vermittelt eine Pflegefachschule in der uckermärkischen Kreisstadt Prenzlau.

Katarzyna Zawilinska-Lipan fasste also allen Mut. Den Abschluss als Pflegehelferin hat sie bestanden und Ende Juni 2024 wird sie dann auch hoffentlich ihre Zwischenprüfung zur Pflegefachfrau bestehen. Im Oktober 2025 steht die Abschlussprüfung an.

Katarzyna Zawilinska-Lipan (39) hat den Pflegeberuf für sich entdeckt und lieben gelernt. Deutscgland braucht dringend Personal wie sie. Foto: asc.
Katarzyna Zawilinska-Lipan (39) hat den Pflegeberuf für sich entdeckt und lieben gelernt. Deutschland braucht dringend Personal wie sie. Foto: asc.

Für Schwester Kasia, so wird sie liebevoll von ihren Klienten genannt, ist das alles ein Glücksfall. „Ich verdiene gutes Geld, ich konnte mit zusammen mit meinem Mann inzwischen hier in Gartz sogar eine kleine Eigentumswohnung finanzieren und zu meinen Eltern nach Polen ist es auch nur ein Katzensprung!“ Chefin Carmen ergänzt: „Ich zahle über Tarif, hier gibt es ein familiäres Arbeitsumfeld, eventuell einen Dienstwagen der auch privat genutzt werden kann und manchmal kochen ich und meine Tochter Elise (27) auch fürs Team.“ Ristows Tochter ist derweil aber überwiegend noch im Studium der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA), soll in Zukunft jedoch kaufmännisch den Pflegedienst weiterführen.

Mit Schwester Kasia hat Ristow zudem noch Großes vor: „Ich traue Kasia zu, sich künftig auch noch als Pflegedienstleiterin (PDL) weiterzubilden. Sie hat das Zeug dazu!“ Bei diesen Worten aus dem Mund der Chefin, während des Interviews, kullern Kasia einige Tränchen aus den Augen. Sie ist gerührt und voller Dank für so viel Vertrauen.

Carmen und Kasia freuen sich über Bewerberinnen und Bewerber – von überall her

Auch Büroarbeit gehört dazu. Insbesondere die Abrechnung mit Pflegekassen gehört zum Alltagsgeschäft. Foto: asc.
Auch Büroarbeit gehört dazu. Insbesondere die Abrechnung mit Pflegekassen gehört zum Alltagsgeschäft. Foto: asc.

Carmen Ristow und auch Schwester Kasia hoffen, nicht zuletzt auch durch diese Veröffentlichung, vielleicht doch noch auf Bewerberinnen und Bewerber aus Polen. Jedoch nicht nur! „Examiniertes Personal und mindestens mit den Sprachniveau A2 ist immer willkommen. Derweil habe ich sogar aus Marokko und Ägypten zwei Schwestern gewinnen können. Das klappte mit toller Unterstützung der Botschaften im Rahmen einer beschleunigten Anerkennung der Berufsabschlüsse. Wir sind hier aufgeschlossen, tolerant und wer will bekommt eine Chance!“

Gerne stellt die Polen.pl Redaktion an dieser Stelle die Kontaktdaten zum „reinschnuppern & bewerben“ zur Verfügung:

Heil- und Seniorenpflege

Ihn. Schwester Carmen Ristow

Markt 4

16307 Gartz (Oder)

info@cari-pflege.de

www.cari-gartz.de/