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Waffen an die Ukraine

Seit Wochen beschäftigt uns die Frage, ob Deutschland Waffen an die Ukraine liefern soll. Angesichts der jüngsten Entwicklungen ist nunmehr von schweren Waffen die Rede. Also von solchen, die der Ukraine erlauben würden auch offensiv gegen die russischen Streitkräfte vorzugehen.

Zwiespalt

Die Regierungskoalition ist diesbezüglich gespalten. Während die FDP und die Grünen sich dafür aussprechen, wehren sich Teile der SPD teils wehement dagegen. Darunter auch Bundeskanzler Scholz . Auch prominente Politiker der CDU, wie Sachsens Ministerpräsident Kretschmer, machen sich gegen die Lieferungen von beispielsweise Panzern stark.

Actio et Reactio

Die Konsequenzen dieser Haltung bekam neulich der Bundespräsident zu spüren. Im Gegensatz zu den Präsidenten Polens und der baltischen Staaten war er in Kiew nicht willkommen.

Eine Absage an ihn könnte auch als eine Brüskierung Deutschlands angesehen werden. Schließlich ist Steinmeier dessen Oberhaupt. Die Reaktionen der deutschen Medien- und Politiklandschaft auf diesen Vorfall scheinen den Eindruck zu bestätigen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen und mich einer eindeutigen Beurteilung entziehen. Gleichwohl halte ich es für denkbar, dass bei der Entscheidung Steinmeier auszuladen sowohl seine eigene politische Vergangenheit als auch die politische Gegenwart Berlins eine Rolle gespielt haben könnten.

Die richtige Frage

Erlauben Sie mir also auf die Ausgangsfrage nach den Waffenlieferungen zurückzukommen.

Und sie gleich mit einer Gegenfrage zu beantworten.

Denn der springende Punkt ist nicht zu fragen, ob wir den Ukrainern Waffen zur Verfügung stellen sollten. Vielmehr sollten wir uns die Frage stellen was passiert, wenn wir es nicht tun.

Den Krieg beenden

Keine Waffen an die Ukraine zu liefern, würde den Krieg verkürzen, heißt es bisweilen.

Wenn man damit die Kapitulation der Ukraine meint, dann ist das durchaus richtig. Nur würde dies das Leiden der Zivilbevölkerung tatsächlich beenden? Die Kriegsverbrechen, die in Butscha und anderswo begangen wurden, scheinen dieser Annahme dramatisch zu widersprechen. Die Zivilisten, deren Leichen nun zu Hunderten geborgen werden, wurden unter anderem nach Berichten der OSZE nach den direkten Kriegshandlungen ermordet.

Es ist also anzunehmen, dass die Kapitulation der Ukraine das Martyrium des ukrainischen Volkes keineswegs beenden wird. Im Gegenteil. Die ideologisch propagierte und vom Kreml militärisch rücksichtslos angestrebte “Entukrainisierung” der Ukraine verheißt Tragödien sondergleichen.

Was also dann?

Der Grundsatz, die Waffen möglichst bald zum Schweigen zu bringen um Menschenleben zu retten, ist trotzdem richtig.

Das aber geht nur mit einem Sieg der Ukraine einher.

Nach gängiger Meinung diverser Militärexperten steht im Osten des Landes eine Entscheidungsschlacht bevor. Der Verlierer wird wohl keine Mitteln mehr zum Fortsetzen des Krieges aufbringen können. Der Westen, und Deutschland insbesondere, muss nun dafür sorgen, dass es sich dabei nicht um die Ukraine handeln wird.

Das gebietet die deutsche Staatsräson, das verlangt unsere historische Verantwortung, das fordert schließlich die Einhaltung und Wahrung des internationalen Menschenrechts, für das viele von uns im Rahmen der Ostermärsche bald auf die Straße gehen werden.

Bogumil Palka

Bogumil ist in Polen geboren und seit seinem 14. Lebensjahr in Deutschland zu Hause. Er studierte Pädagogik in Bielefeld und Stockholm und "Polen und Deutsche in Europa" (kurz EuPoD) in Kiel und Posen. Bogumil absolvierte zahlreiche Praktika im deutsch-polnischen Kontext, darunter am Deutschen-Polen Institut in Darmstadt und dem Polnischen Generalkonsulat in Hamburg. Er war Teilnehmer und Veranstalter verschiedener Begegnungen, Projekte und Tagungen und ist freiberuflicher Sprachmittler und Teamer.

View Comments

  • Wer immer noch glaubt, dass wir Konflikte mit Gewalt lösen können, hat nicht verstanden, dass wir das schon seit tausenden von Jahren erfolglos versucht haben. Frieden ist der Weg und nicht das Ziel. Denn wie kann die Ernte anders sein als die Saat. Anstatt nach immer mehr Waffen zu schreien sollten die Herren des Universums das tun, wofür sie ursprünglich gewählt wurden. Nämlich klug zu verhandeln. Wenn es indessen nicht mehr genug kluge Köpfe gibt, dann müssen wir den Dummköpfen wenigsten ihr Spielzeug aus den Händen nehmen. Alles andere ist Wahnsinn! Frohe Ostern trotz allem wünscht Lizzie aus Berlin. :)

    • Liebe Lizzie, Pazifismus kann nur funktionieren, wenn alle mitmachen. Andernfalls tritt das ein, was wir gegenwärtig haben. D.h. ein komplett entwaffnetes Deutschland und ein bis an die Zähne bewaffnetes Russland, das mittlerweile den 4 Krieg innerhalb der letzten 25 Jahre führt. Unser einseitiger Pazifismus ist gescheitert. Wer angesichts dessen und vor allem vor dem Hintergrund der russischen Kriegsverbrechen nach weiterer (sicher einseitiger) Entwaffung ruft, der ist entweder naiv, oder auf dem besten Wege sich der Mitäterschaft schuldig zu machen. Entschuldigen Sie meine direkte Art.

      Nichtsdestotrotz bin ich froh, dass es noch Menschen wie Sie gibt. Wirklich, es tut gut zu wissen, dass auch solche Personen an uns auf der Straße vorbeilaufen.

      Sie argumentieren teils historisch. Erlauben Sie mir daher folgende Bemerkung: Seit Anbeginn der Menschheit gab es Jäger und Sammler, die im Laufe der Zeit verschiedene Namen trugen. Die Jäger haben stets die Sammler beschützt. Wir wurden am 24.02. brutal an diese Tatsache erinnert. Was aber, wenn eine Gesellschaft nur noch aus Sammlern besteht? Und zudem an eine andere Gesellschaft grenzt, die die Jagd mit all ihren Schrecken verherrlicht...
      Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viele Pazifisten in der Ukraine ihr Leben verloren haben. Und wie viele es noch verlieren werden...

      Ich fürchte, die Maxime "Frieden schaffen ohne Waffen" ist ein Luxus, den Putin und seine Schergen uns derzeit einfach nicht erlauben.

  • Hallo Lizzie,

    Sehr gut erfasst:)

    Nur so kann die Gesellschaft ohne Kriege zusammen leben.

    Frieden ist der Weg🔆☀️🔆🍀🍀🍀

  • Also ist "klug verhandeln" DAS Mittel gegen russische Flächenbombardements, Raketenangriffe und wahllose Exekutionen der ukrainischen Zivilbevölkerung?! Was gibt es zu verhandeln, wenn die Russen auf totalen Krieg setzen? Wer nimmt diesen Kriegsverbrechern ihre Waffen aus der Hand? Sollen sich die Ukrainer umbringen lassen für deinen "Frieden"? Lizzie – In welcher Welt lebst du eigentlich? Ich habe schon lange nicht mehr so viel Schwachsinn gelesen!

  • Ich halte es für weltfremd, zu glauben, daß Waffenlieferungen an die Ukraine die Lösung sind. Glaubt ihr wirklich, die Ukraine kann Rußland besiegen? Der Westen will Rußland in einen langen Abnutzungskrieg verwickeln und Rußland militärisch und finanziell ausbluten lassen. Der Endsieg bis zum letzten Ukrainer wird ein verwüstetes Land hinterlassen.
    Die Russen haben im Zweiten Weltkrieg 24 Mio. Menschen verloren. Die geben nicht auf, wenn sie in der Ukraine 100.000 Leute verlieren. Wer das glaubt, macht sich Illusionen. Wie lange soll dieser Wahnsinn also gehen? Verhandlungen und Interessenausgleich sind die einzige Lösung!

    • Lieber Herr Ameise,

      ich mag nicht meine Position und die Argumentation, die ihr zugrunde liegt, abermals zu wiederholen. Gleichwohl möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass es die Sowjetunion war, die im Zweiten Weltkrieg bis zu 24 Millionen Menschenleben zu beklagen hatte, nicht ausschließlich "die Russen". 8 Millionen von den von Ihnen angeführten Opfern waren Ukrainer. 1,7 Millionen Belarusen. Die Sowjetunion bestand allerdings aus vielen anderen Ländern, so auch aus den polnischen Ostgebieten, die Stalin, in Zusammenarbeit mit Hitler, im Oktober 1939 annektiert hat. Zum Schutze der "russischen Minderheiten" wohlgemerkt. Klingt das nicht vertraut?

      Vielen Dank für Ihre Meinung.

      Grüße
      Autor

  • Soso, auch polen.pl schließt sich der Rüstungslobby an. Ausgerechnet die korrupte Ukraine mit einem nationalistischem Schauspieler verteidigt europäische Werte, lächerlich. Man will nicht den schnellen Frieden, man will den totalen Endsieg. Worin sich das (während der Regierungszeit eines Kriegsverbrechers schnell anerkannte) Kosovo prinzipiell von dem Donbass unterscheidet, habe ich mit meinem bescheidenen IQ 140 nie verstanden. Aber vielleicht führt es ja zu den entscheidenden Fortschritten, wenn Hauke und Bogumil schnell mal ihr Leben an der Front opfern?

    Übrigens 1: Ich habe treue Freunde in der Ukraine, um die ich mich sorge.
    Übrigens 2: "Vielmehr sollten wir uns die Frage stellen was passiert, wenn wir es nicht tun. Keine Waffen an die Ukraine zu liefern, würde den Krieg verkürzen." Das verstehe sogar ich!

  • Komisch, im Gegensatz zu "Was ist eine schöne Sprache? Und: Ist Polnisch eine?" wurde mein kritischer Kommentar hier wahrscheinlich gelöscht.

  • Hallo Herr Monzer,

    wir löschen keine Kommentare, nur weil sie eine andere Auffassung vertreten, als in einem unserer Artikel. Bitte laden Sie die Seite neu, dann sehen sie auch die Kommentare. Wenn Sie die Seite nicht neu laden, kann der Internetbrowser die neu hinzugekommenen Kommentare nicht anzeigen.

    Viele Grüße!

  • Ja, sorry, war (beides) eine zu spontane Reaktion, ausgelöst wiederum durch die Reaktion unten "Ich habe schon lange nicht mehr so viel Schwachsinn gelesen!" über zwei eher sachlich formulierte Kommentare.
    Da sieht man wieder mal, dass die Kommunikation ein Teil vieler Probleme ist. Wenn es dem Frieden dienen würde, dürfte man meinetwegen sogar über Landesgrenzen aus vergangenen Jahrhunderten nachdenken. Ich war mal ein großer Fan von Europa und unseren öffentlich-rechtlichen Medien, aber inzwischen glaube ich eher an die Selbstauslöschungs-Variante des Fermi-Paradoxons.
    Peace!

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