Der erste Verdacht kam beim Wühlmausschutzgitter. Dann folgte die Sache mit dem Rosenspalier. Beim Zaun war es klar.
Was war passiert? Eigentlich wollte ich nur unseren Garten ein bisschen hübsch machen. Neue Beete mit wühlmausgeschütztem Pflanzenwuchs. Ein bisschen Dekopflanzung mit Rosen. Und natürlich die Abgrenzung zum Nachbarn: Der Zaun ist in Deutschland ein wichtiger Gartenbestandteil. Das war schnell klar.
Wie die Dinge so sind, so recherchierte ich online passende Gartenartikel. Und in allen Fällen fand ich in der Mehrzahl Produkte von Herstellern aus Polen. Fast alles, was online bestellbar war, schien aus Polen zu stammen. Klar: Das musste ich mir einmal genauer ansehen. Ist Polen unbekannter Hidden Champion für Gartenartikel? Gartenartikelland Polen, so wie Autoland Deutschland?
Da war es wieder: “Zäune aus Polen”. Schon wieder eine Anzeige mit diesem Werbetext. Dabei hatte ich doch erstmal ganz allgemein nach Zaunlatten und Doppelstabmatten (und ganz schnell verworfen) geschaut. Und wieder flackert es auf: “Ihr Zaun aus Polen.”
Erst bei der Recherche wurde mir klar, dass “Zäune aus Polen” scheinbar in der Zaunnachfrageszene schon so etwas wie “Made in Germany” bei Autos ist. Internetagenturen scheinen ein Vermögen für Zugriffe auf diesen Suchbegriff auszugeben. Ganz offenbar haben sich Zaunbauten aus Polen in Deutschland einen guten Ruf erworben.
In Polen ebenso. Ebenso offenbar: Denn bei meinen letzten Reisen war mir die zunehmende Pracht und Dimension von Umfriedungen kleiner und großer Grundstücke immer mehr aufgefallen. Nun ist mir klar, dass sich scheinbar anschickt, Deutschland das Image des “Zaunlandes” abnehmen zu wollen. Ohne Jägerzaun, zum Glück.
Auch Großes gibt es. Vor allem Schuppen, Garagen und Gartenhäuser. Ferienhäuschen sowieso. Gartenlauben. Vieles aus Holz, vieles aus Stahl. Hier ist sicherlich die räumliche Nähe für den Transport und die Montage ein Vorteil. Das Nachbarholzhäuschen in unserem Garten kommt übrigens nicht aus Polen. Sondern aus Tschechien. Hätte aber auch aus Polen kommen können: Der Gartenhaushändler im Ort wirbt mit dem Slogan “Günstig und gut aus Polen”.
Die erste Bestellung ist auch schon eingetroffen. Der Rosenbogen. Eine Adresse in Niedersachsen ist beim Online-Anbieter angegeben. Aber schon der Versand erfolgt aus Polen. Die Anleitung ist polnisch und deutsch. Die Lieferung zackig. Die Verpackung, sagen wir, fürsorglich. Viel Pappe, Klebeband. Ein kopierter Zettel weist auf die Bitte hin, doch ein Foto vom aufgestellten Garten-Gestaltungselement zu machen.
Hatte ich Anleitung gesagt? Quatsch, die gibt es nicht. Polak potrafi, der Pole schafft es? Nein, die Anleitung brauche nicht einmal ich. Massiver Stahl, massive Schrauben und Muttern, 6 Stück. 6 Löcher. Das ist hinzubekommen.
Auf den ersten Blick wirkt der Rosenbogen zerlegt wie ein Bausatz für eine Flussbrücke für die Oder, oder die Neiße. Mächtig. Nach dem Zusammenbauen dann aber doch filigran. Gelungen. Die Familie ist zufrieden. Das Produkt hat also den Zweck erfüllt. Kein Wunder, dass offenbar viele auch wiederholt in Polen bestellen. Der liefernde Anbieter hat offenbar, so das Ergebnis einer kurzen Recherche, ein ganzes Netzwerk an Webseiten für Gartenartikel. Pools, Dekomaterial, Garagen und natürlich Zäune.
Frei nach Tucholsky: Was die Gartenartikel-Industrie anbetrifft, so ist sie verflochten.
Ein Kernproblem der Recherche ist: Die Gartenartikel-Industrie ist schwer fassbar. Manchmal wird sie so definiert, dann wieder anders. Exportstatistiken reden mal von “Möbeln und Einrichtungsgegenständen”, dann wieder von “Kunstoffprodukten”, “Stahlprodukten” und “Holzprodukten”. So ein Rosenbogen ist aus Stahl, aber ein Gartenartikel. Genau so wie das Holzhäuschen. Schwierig.
Möbelexporte sind auf Platz 4 der polnischen Exportstatistiken, weiß eine Statistik. Immerhin ein Ansatz. Aber Möbel sind ja nun auch für innen. Auch.
Man kann erfahren, dass die Polen den Gartenartikeln zusprechen. Jährlich rund drei Prozent mehr Umsatz wird mit solchen Artikeln in Polen gemacht. 2020 sind es gut 700 Millionen Euro, bei fünf Millionen Kunden in Polen. Weltweit steht Polen damit auf Rang 20, Deutschland auf Rang 3. Auch dank meines schnieken neuen Rosenbogens dürfte diese Top-Platzierung stabil bleiben. Aber davon wissen wir noch immer nicht, wer diese vielen tollen Dinge produziert.
Klar ist auch, dass Bau-Artikel wie Türen oder Fenster oder Badezimmerausstattungen ein wichtiges Exportprodukt Polens darstellen. Gartenartikel sind da branchenmäßig nicht so weit entfernt.
Aber so richtig eingrenzen lässt sich das Phänomen der Gartenartikel aus Polen nicht. Genaue Zahlen sind schwierig zu bekommen; es scheinen viele kleine Anbieter den Markt zu dominieren. Übersichten sind rar. Eine klare Branchenstruktur fand ich nicht vor. Daher endet diese kurze selbsterfahrungsbasierte Recherche leider viel zu früh. Es sei denn, es gibt noch Tipps von unseren Leserinnen und Lesern?
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Quellen:
Exporte aus Polen nach Branchen, Quelle: Weltexporte
Umsätze Gartenartikel in Polen und weltweit, Quelle: Statista
Wichtige Exportprodukte aus Polen (scheint eher subjektiv), Quelle: Careers in Poland
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View Comments
Hallo,
der von Ihnen beschriebene und mit Bild untersetzte Rosenbogen macht einen guten Eindruck. Bei welchem Unternehmen kann man diesen bestellen?
Hallo und Guten Tag,
ich schreibe Ihnen zur Internetseite des Anbieters einfach einmal per E-Mail.
Viele Grüße
Hallo,
Sie hatten am 21.04.22 geschrieben, dass Sie mir via E-Mail die Erreichbarkeit des polnischen Unternehmens, bei dem ich den "unboxing Rosenbogens" bestellen kann.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mir den Kontakt, die Web-Seite, zur Bestellung des Rosenbogens mitteilen.
Danke
Helmut Otte
Es gibt viele Anbieter, einer ist etwa: https://www.gardenandpools.com/
Könnten Sie mir bitte den Anbieter für Ihren Rosenbogen zukommen lassen, da ich ihn auch gern bestellen würde?
Danke und herzliche Grüße!
Carsten
Lieber Carsten,
wir schicken die Kontaktdaten des Anbieters per E-Mail.
Viele Grüße!