In einem weit entfernten Land
Nach 250 Panzern, zahlreichen Panzer- und Flugabwehrraketen sowie Haubitzen älteren Typs und jeder Menge Munition, liefert Polen nunmehr 18 Stück seiner modernsten Panzerhaubitzen KRAB an die Ukraine – die Schulung der einhundert Besatzungsmitglieder inklusive. Es heißt, die mächtigen Geschütze sollen zügig im Hotspot der Kämpfe um den Donbas – der Stadt Sjewjerodonezk – eingesetzt werden.
Meanwhile in Deutschland
Die Bundesrepublik liefert derweil… Nichts. Keine Marder, keine Füchse und auch keine Leoparden. Keine dieser schweren Waffen hat in den neun Wochen seit Kriegsbeginn die deutschen Lande Richtung kämpfende Ukraine verlassen. Nachweislich. Immerhin ist es den 7 Haubitzen aus alten NVA-Beständen gelungen. Ich nehme an, sie waren wohl nicht so schwer zu fangen, wie die flinken Tiere vordem.
Versprochen ist versprochen?
Ich sag Ihnen mal was. Ich habe meinen Frieden damit geschlossen, dass Berlin keine (schweren) Waffen an Kiew liefert. Das kann man schließlich machen in einem demokratischen, wie auch immer definierten, pazifistischen Staat. Aber wieso zum Kuckuck verspricht man es dann immerzu? Damit verärgert man doch nur beide Seiten des Konflikts. Die Ukraine mit ihren Alliierten, zu denen vornehmlich Polen zählt, und gleichzeitig auch Russland. Die eine Seite fühlt sich durch leere Versprechungen im Stich gelassen und die andere durch die gleichen Versprechen provoziert.
So betreibt man doch keine Geopolitik, oder?
Gesicht wahren
Durch die Straßen von Warschau ziehen ukrainische “Dankbarkeitskundgebungen“. Präsident Selenskyj verspricht den Polen in der Ukraine künftig einen privilegierten Rechtsstatus, ähnlich jenem, den seine Landsleute in Polen genießen. Währenddessen beschäftigt man sich hierzulande intensiv mit dem Gesicht von Wladimir Putin, welches es offenbar unbedingt zu wahren gilt.
Wären da nicht solche Initiativen wie das gestrige Benefiz-Konzert in Berlin, dem 15.000 Menschen beiwohnten, könnte man sich ernsthaft die Frage stellen, ob unser moralischer Kompass immer noch intakt ist.
Tragikomödie
Ich für meinen Teil stelle mir allerdings eine andere Frage. Und zwar ob ein leicht beschwingter Text das richtige stilistische Mittel ist um das triste Bild zu beschreiben, welches Deutschland (nicht nur) in meinen Augen in letzter Zeit ganzheitlich abgibt. Nehmen wir mal die Bahn, die einstmals als Synonym für Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit galt. Das war wohl in der Zeit, bevor man in den Spruch „pünktlich wie die Eisenbahn“, das Wörtchen „Schweizer“ einschob.
Nun, wer wie ich unlängst eine längere Strecke mit dem Zug fahren musste, die unverhofft ereignisreicher wurde als die Reise um die Welt in 80 Tagen (dabei ging es in meinem Fall lediglich in die Schweiz – von Hessen aus wohlgemerkt), der kann mitunter meinen Defätismus nachvollziehen. Extremerfahrungen haben schließlich die unangenehme Eigenschaft uns ziemlich lange in ihrer Bahn zu halten. Pardon, in ihrem Bann. Ein kleines Wortspiel am Rande, um die Stimmung aufzulockern.
Zurück zur Visage
Das Gesicht von Wladimir Putin kümmert mich dagegen herzlich wenig. Um ehrlich zu sein, würde ich es am liebsten den anderen überlassen. Insbesondere zwei ehemaligen Weltboxern aus Kiew, die auch Ihnen sicherlich von Begriff sein dürften.